Trekking in Wales- Juli 2019

Trekking Erfahrung: Null   ----    Erfahrung im Zelten: Null   ----   Kondition: ...na ihr wisst schon...

2016 kaufte ich für einen geplanten Aufenthalt in Nepal ein Zelt: Das MSR Hubba Hubba NX , ein 2 Personen Zelt. Zum Einsatz kam es damals nicht. Da ich eh immer mal eine Trekking Tour machen und das Zelt nutzen wollte, fing ich 2019 endlich an, online nach Wanderwegen zu suchen. Immer wieder stieß ich dabei auf den Pembrokeshire Coast Path in Wales. Mit einer Freundin zusammen suchte ich nach Flügen und los gings!

 

1. Tag- Anreise

Flug: München- Cardiff. Wir kommen um 21Uhr an. Die erste Nacht verbringen wir in Cardiff (Airbnb ist da sehr praktisch!).

 

2.Tag- Es geht los!

Früh am Morgen geht es per Zug nach Haverfordwest (ca 55 Euro für zwei Personen/ Tip: Wer länger im Voraus bucht, kann online bei Tickets auch Schnäppchen machen! ).

Schnell wird uns klar: Hier ticken die Uhren anders. Hier gibt es kein Stress und wenn ein Gast im Zug wo anders raus muss, dann wird der Bahnhof nebenan eben auch noch angefahren. Wir sollten bald verstehen, dass Hilfsbereitschaft, Offenheit und Gelassenheit das Leben der Ortsansässigen ganz allgemein bestimmen. Oder mit einem Wort: Menschlichkeit.

Die Zugfahrt selbst war ziemlich eisig- trotz eigentlich ganz angenehmen 20 grad draußen lief die Klimaanlage auf vollen Touren ( Ja, das ist dort immer so!!!) , so dass ich bald alle Schichten an warmer Kleidung anhatte, die ich besaß.

 

Allgemein zu unserer Ausrüstung: Ich habe mich bei dem Outdoor- Ausstatter Globetrotter München beraten lassen und dort sowohl das Zelt als auch Schlafsack und Isomatte gekauft. Die Isomatte Frilufts Suilven Basic 3.0 Größe M ( ich selbst bin 1,60m groß) und den Schlafsack Frilufts Balta,Größe M habe ich seit April 2016 sehr oft im Einsatz, sowohl in Nepal im Niemandsland im Vorgebirge des Himalaya, als auch beim Segeln in Holland und in Kroatien, auf der Berghütte oder einfach nur auf dem Fußboden in anderer Leute Wohnzimmer. Ich bin immernoch sehr zufrieden mit beidem. Lediglich die Naht am Schlafsack hat sich nach 3 Jahren an einer Stelle minimal aufgetrennt, aber das lässt sich leicht wieder beheben. Die Luftmatraze braucht seit Neuestem etwas länger, bis sie sich richtig aufbläst (ich muss aktuell  mindestens 40min einkalkulieren) und muss bei sehr hartem Untergrund auch etwas zusätzlich Luft reinblasen. Aber für das Geld wirklich ein Top- Investition - die gute Beratung bei Globetrotter hat sich gelohnt! Das Zelt hatte ich bis dato ja noch nicht ausprobiert...kann ja nicht so schwer sein, das Ding aufzubauen...

 

In Haverfordwest steigen wir direkt am Bahnhof um in den Bus (Juchu, keine Klimaanlage!!!) und fahren nach St Davids.

Tip: Immer Kleingeld dabei haben! Manche Busfahrer nehmen nur Münzen! Aber keine Sorge- irgend jemand ist immer parat und wechselt dir gerne!

 

Endlich in St Davids angekommen starten wir unsere Wander App "Komoot" und los gehts zum Strand nach Whitesands Bay (3,2 km)... und Wow! - Was für ein Strand! Ich genehmige mir einen Latte Macchiato (meist ca 2,5 GBP)- und ganz egal wo: Der Kaffee schmeckt in Wales einfach immer gut!

 

Barfuß den Strand entlang (Das Wasser hat ca 14 Grad, die Leute baden trotzdem) geht es dann in Schuhen weiter nach St Justinian (4,8km). Alle begrüßen uns auf dem Weg und reden mit uns als wären wir alte Freunde...ja wo sind wir denn da gelandet? Sind wir etwa im Paradies???

 

Von St Justinian aus nehmen wir den Puffin Shuttle Bus zurück nach St Davids, wo wir irgendwo übernachten wollen.

(Tip: Unter www.pembrokeshiregreenways.co.uk am besten im Vorraus die Broschüre mit allen Busrouten-/ und Zeiten zuschicken lassen! Glaubt mir, die Broschüre ist goldwert!)

In St Davids irren wir erstmal noch ein bisschen umeinander, und decken uns im Lebensmittelgeschäft mit Brotzeit ein (Das ist dann auch tatsächlich der einzige Lebensmittelladen auf unserer gesamten Route! Alle weiteren Getränke / Snacks müssen wir künftig in Cafes, Imbisständen oder Pubs kaufen!) , bis wir dann um 18 Uhr in einem Restaurant auf der Terrasse unser erstes Dinner einnehmen.

(Rechnet in Wales pro Essen plus ein Getränk ca 15 bis 20 GBP ein. Kann auch mal etwas mehr sein)

Dort treffen wir auf einen älteren Herrn, der eben erst in ein betreutes- Wohnen- Anlage Appartment gezogen ist und uns promt einlädt bei ihm zu übernachten. Denn warum Geld für den Zeltplatz ausgeben, wenn er doch Platz im Wohnzimmer auf dem Teppich hat und eine warme Dusche?!

Wow...klar, gerne... In der ganzen Woche haben wir nur freundliche, hilfsbereite, offene, herzliche Menschen getroffen. Praktizierte Nächstenliebe...SO sollten wir alle miteinander überall auf der Welt umgehen!

 

3. Tag

Am nächsten Morgen erst wieder nen leckeren Kaffee (eigentlich hatte das Cafe noch geschlossen- aber "hiya, na klar mach ich euch einen Kaffee!"... Wir wundern uns auch schon gar nicht mehr, haben schon verstanden, dass wir hier unter "echten Menschen" sind). Wir nehmen den Bus zurück nach St Justinian, wo wir gestern unseren Coast Path unterbrochen haben, und laufen von dort 8km nach Caerfai Bay. Hier kann meine Wegbegleiterin nicht anders- sie MUSS einfach ins türkis blaue Meer! Ich kann sie verstehen, aber mir langts dann doch, wenn mir das eiskalte Wasser nur hoch bis an die Knie reicht.

Nach einer Brotzeit geht es dann 12km weiter nach Solva (walisisch Solfach). Nach dem heutigen insgesamt 20km Fußmarsch sind wir ganz schön fertig, und als wir von einem Gast im Pub den Tip bekommen, auf der keinen 100m entfernten  Wiese einfach unser Zelt aufzuschlagen, sind wir sehr froh nicht mehr weit laufen zu müssen! Gleich visavis sind außerdem die öffentliche Toiletten und Waschbecken, die wirklich überall zwar gut genutzt, aber trotzdem IMMER picobello sauber und immer mit genügend Toilettenpapier und Seife ausgestattet sind.

So...jetzt also das erste mal das Zelt aufstellen...mal sehen...wir schlagen gerade die Heringe in den Boden und stecken ein bisschen umständlich das Gestänge zusammen, da fallen mir 3 Leute auf, die Fotos voneinander machen.

"Soll ich euch gemeinsam fotografieren?"

"Nein, danke! Aber sollen wir euch helfen?" ...sagte er, und noch bevor wir was erwidern können machen sich die zwei Männer eifrig über mein Zelt her, wie kleine Jungs über Legosteine! :)  Keine fünf Minuten später steht das Zelt...gut, das ging ja einfach!

 

4. Tag

Die erste Nacht im eigenen Zelt verbracht! Der Stauraum unter dem Außenzelt ist perfekt für unsere großen Rucksäcke, und obwohl am nächsten Morgen die Wiese sehr nass ist, blieb alles, was wir unter dem Außenzelt auf dem Gras deponiert hatten, komplett trocken- inklusiv dem Gras selbst! Nachts ging die Temperatur auf 13 grad runter, im Zelt war es spürbar wärmer. Hätte ich nicht gedacht! Mit langer Unterwäsche, dicken Socken, einem Pulli und einer Weste mit Kaputze war es mir in meinem Schlafsack wohlig warm. Mit den ersten Sonnenstrahlen waren wir wach (danke, ihr Möwenpack!) und als ich um 8 Uhr dann doch beschloss mich dem neuen Tag zu stellen, war es im Zelt schon warm genug im Top faul rumzuliegen.

Der 20 km Marsch vom Vortag steckte uns beiden noch in den Knochen. Also beschlossen wir erstmal ausgiebig im Pub zu frühstücken und dann den Bus nach Newgale (8km) zu nehmen. Im Pub hatten uns gestern alle gesagt, diese Etappe sei die schwerste, mit sehr steilen, ständigen Auf und Ab Geröll- Wegen, und darauf hatten wir gerade wenig Lust! Etwas deprimierend, wenn man für eine Wegstrecke zu Fuß über 2,5 Stunden gebraucht hätte, mit dem Bus aber dann nur 10min benötigt!

Von Newgale laufen wir los- und stellen bald fest: Wenn wir die schwierigste Etappe mit dem Bus gefahren sind....was ist DAS hier dann bitte?! Puhhh...aber immer schön ein Schritt nach dem anderen, wir schaffen das! Nach ca 6km erreichen wir Druidstone Beach, eine der vielen wunderschönen Buchten die es hier überall gibt. Allerdings ist hier das Wasser erstaunlicher Weise spürbar wärmer, ich denke es dürfte "sogar" 16 Grad haben. Also erstmal baden. Also meine Reisegefährtin. Ich genieße das Wasser auch hier lieber nur partiell.

Von der Bucht geht es (wieder mal) steil nach oben zum Restaurant/Hotel / Pub Druidstone, wo wir uns Bier und hausgemachte Ingwer- Limo schmecken lassen. Und wir entdecken mitten am Hang ein Häuschen in interessantem Design. Wie wir später erfahren, nennen es die Ortsansässigen in dieser Gegend scherzhaft "The Teletubbie's Home".

Von Druidstone laufen wir noch 10 km nach Broad Haven. Dort schlagen wir direkt bei den öffentlichen Toiletten unser Zelt auf. Ganz alleine. In immerhin "nur" 25min. Der Boden ist steinhart, selbst mit Hilfe eines Steins bekommen wir die Heringe kaum tief genug in den Boden...Nur nicht darüber nachdenken, wie wir die morgen wieder rausbekommen sollen...! In der Nacht geht plötzlich die Umwälzpumpe der Toilettenanlage an- unglaublich laut und lästig...Mist....wieder was gelernt...

 

5. Tag

Am nächsten Morgen wird gewackelt und geruckelt, geschwitzt und geärgert was das Zeug hält, und nach 30 min sind die Heringe endlich draußen. Nach einem Kaffee und Frühstück am Strand gehts los nach St Bridge (9,3km). Der Weg verläuft erstmals teilweise durch einen Wald. Dornen und Brennnesseln lassen uns die Hosen wieder runterkrämpeln und ich freu mich, als ich endlich wieder Blick aufs Meer habe! Wir wollen heute noch bis nach Dale laufen und da unsere Stadtfüße das mehrtägige Laufen gar nicht gewohnt sind und heute zu rebellieren beginnen, beschließen wir in St Bridge den Daumen rauszustrecken (den Bus haben wir nämlich verpasst, der fährt nur 4x pro Tag) und uns ein kleines Stückchen mitnehmen zu lassen. Natürlich hält gleich eine nette junge Frau an und nimmt uns bis kurz vor Marloes mit.

Von dort laufen wir nochmal 5,3km bis Marloes Sands Beach. Nach einer kurzen, barfüßigen Pause (unsere Füße rebellieren jetzt noch mehr wieder in die Schuhe zurück zu müssen) beschließen wir zum nächsten Parkplatz zu laufen und zu hoffen, dass jemand von dort nach Dale fährt. Noch unterwegs zum Parkplatz kommen wir mit einer Familie ins Gespräch und sie bieten uns gleich an uns extra nach Dale zu fahren. "Sind ja eigentlich nur 5min, ist ja keine große Strecke"...stimmt... Wir rechnen aber zwischenzeitlich anders...6km...1,5 Stunden Fußmarsch...mindestens...äh, ne, dann doch lieber Auto- Vielen Dank!!!

 

In Dale gönnen wir uns einen Zeltplatz auf einem kleinen, beschaulichen Campingplatz (12 Euro pro Person plus 5 Euro Camping Verein Gebühr pro Person), inklusive Dusch- und Toilettencontainer. Wir erwarten nicht allzu viel, machen die Tür vom Container auf, und hui!!!

Super modern ausgestattet, mit Luxusduschkabine wie in einem 5 Sterne Hotel, großem Waschbecken und allem was ein Frauenherz in einem Badezimmer glücklich macht! Sogar ein Fön ist vorhanden! Wir zügeln uns und gehen erstmal den Weg zurück runter ins Dorf. Dort essen wir diesen Urlaub das erste mal so richtig  lecker UND gesund im Restaurant Coco's (Burger &Co in den Pubs waren halt bisher überall einfach zu verlockend gewesen!)  und mit tollem Ausblick aufs Meer.  Dann gehts zurück zum Campingplatz und ab unter die Dusche.

 

6. Tag

Heute soll es regnen. Bisher waren wir immer von der Sonne verwöhnt worden. Der Himmel ist bereits grau in grau, und so beschließen wir das Angebot anzunehmen, und in Broad Haven unsere nächste Nacht zu verbringen. Wir hatten nämlich am Tag 4 in Broad Haven im Pub drei unglaublich liebe, lustige, lebensfrohe, alte Ladies kennengelernt. Von einer sind wir eingeladen worden eine Nacht bei ihr zu bleiben, sollte es anfangen zu regnen. Und die Zweite bot uns an, unsere letzte Nacht in Wales bei ihr zu erbringen, da sie in Haverfordwest wohnt, von wo aus unser Zug zurück nach Cardiff gehen sollte.

Wir laufen also heute das erste mal bei Regen (mein Wäfo Wanderponcho Davos von Globetrotter lässt mich auch diesmal nicht im Stich und schützt mich samt Rucksack zuverlässig...wenn ich nur nicht immer so schwitzen würde unter diesem Ding...!) die 6 km von Dale nach Marloes, um künftig wahrheitsgetreu erzählen zu können, die gesamte Strecke von St Davids bis Dale gelaufen zu sein (Bis auf die 8km Bus am vierten Tag natürlich). Auch bei Regen ist und bleibt der Coast Path einfach wunderschön. Unsere App Komoot hat uns übrigens immer zuverlässig begleitet. Wäre aber überflüssig gewesen, da der Weg wirklich idiotensicher ausgeschildert ist. Einfach immer den Schildern mit der Eichel folgen. Während wir so im Regen laufen, erhalten wir von Jane, der Lady Nr1, eine Nachricht. Sie veranstalten am Nachmittag eine kleine Charityveranstaltung mit Snacks und selbstgemachter Limo. Heute Nachmittag? Gut, nehmen wir einfach den Bus von Marloes zurück nach Broad Haven. Den Weg sind wir ja eh schonmal gelaufen. Wir verbringen einen netten Nachmittag und Abend mit Jane und ihren Freunden, und Jane wächst mir so richtig ans Herz mit ihrem fröhlichen, spitzbübischen Wesen! Wir rollen unsere Matrazen und Schlafsäcke im Wohnzimmer aus und ich werde ein wenig wehmütig bei dem Gedanken, dass das Abenteuer schon bald vorbei sein wird...

 

7. Tag

Nach dem Frühstück laufen wir nochmals nach Nolton Haven, kehren unterwegs ins Druidstone ein, schießen ein paar Fotos vom Teletubby- Haus und laufen zurück nach Broad Haven (hin und zurück insgesamt 12km). Heute Abend fahren wir zu Trudy, der Dame Nummer 2. Zusammen mit Jane, ihrer Freundin und vielen anderen verbringen wir unseren letzten Abend bei gutem Essen und lieben Menschen. Es kommt mir so vor, als würden wir uns alle schon ewig kennen!

 

8. Tag

Sehr früh am Morgen. Es schüttet. Als wüsste das Wetter, wie ich mich fühle. Überall hin will ich, nur nicht heim. Reisen ist so wunderschön! Die Zeit hier ist so wunderschön! Aber es hilft nichts. Trudy kommt schlaftrunken im Morgenrock aus ihrem Zimmer. "I drive you" sagt sie nur und schlürft los zum Auto. Wir sind wirklich froh jetzt nicht die zwei Kilometer bei strömenden Regen zum Bahnhof laufen zu müssen. Ein letzter Kaffee am Bahnhof. Eigentlich hat der Imbis noch zu. Meine Urlaubsbegleitung geht trotzdem mal fragen. Klar kommt sie etwas später grinsend mit Kaffee zurück. Hier läuft eben alles ein bisschen anders. Entschleunigt. Friedlich. Besser. Ich nehme mir fest vor diese Gelassenheit zu bewahren, trotz baldigem Großstadttrubel.

Wales, du bist großartig! Ich werde mit Sicherheit zurückkommen! Der Pembrokeshire Coast Path ist lang, und ich freu mich jetzt schon drauf einen weiteren Teil davon zu erkunden!


Mehr Fotos (auch vom Teletubby- Haus) und Videos findest du auf meiner Facebook- Seite https://www.facebook.com/violinsmusicpage.

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